EKD-Synode: Lehren aus Luthers Judenfeindschaft ziehen

Von den Juden und ihren Lügen

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Mit der Schrift "Von den Juden und ihren Lügen" begann Luthers Serie judenfeindlicher Schriften von 1543.

EKD-Synode: Lehren aus Luthers Judenfeindschaft ziehen
Luthers Judenfeindschaft gilt in der Geschichte der evangelischen Kirche als große Belastung. Vor dem 500. Reformationsjubiläum in zwei Jahren bemühen sich die Protestanten um eine Klarstellung.

Mit Blick auf das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 wirft die evangelische Kirche einen kritischen Blick auf Martin Luthers Judenfeindschaft. Jahrzehntelang sei der Antijudaismus des Reformators in der evangelischen Kirche kein Thema gewesen, sagte die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, am Montag bei der EKD-Synodentagung in Bremen. Aus ihrer Sicht müsse aber durchaus eine Linie gezogen werden von Luthers Judenfeindschaft bis zum Versagen der evangelischen Kirche in der Zeit des Holocaust.

Die evangelische Kirche erinnert in zwei Jahren an die Veröffentlichung der 95 Thesen durch Martin Luther (1483-1546). Der 31. Oktober 1517 gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation.

Lernprozess erst nach 1945

Luthers Judenfeindschaft gilt als große Belastung für die Geschichte der evangelischen Kirche und wird den Schattenseiten im Wirken des Reformators zugerechnet. 1543 erschien Luthers berüchtigte Schrift "Von den Juden und ihren Lügen". Die evangelische Kirche sei "höchst spät dran", wenn sie sich nun von dieser Schrift distanziere, sagte Käßmann.

In dem Entwurf zu einer Erklärung, die am Mittwoch zum Abschluss der Jahrestagung des Kirchenparlaments verabschiedet werden soll, heißt es, auch wenn sich keine einfachen Kontinuitätslinien ziehen ließen, "konnte Luther im 19. und 20. Jahrhundert als Kronzeuge für theologischen und kirchlichen Antijudaismus sowie politischen Antisemitismus in Anspruch genommen werden". Erst nach 1945 sei es zu einem Lernprozess hinsichtlich des Versagens der Kirchen gegenüber dem Judentum gekommen. In der Neubestimmung des Verhältnisses zum Judentum habe die EKD jede Form von Judenfeindschaft verworfen. Entsprechende Äußerungen gebe es in den Verfassungen vieler evangelischer Landeskirchen.

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Kommentar
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"Es gibt einen fortwirkenden Antisemitismus bis in die Mitte unserer Gesellschaft und auch in unserer evangelischen Kirche", sagte Rüdiger Sachau, Direktor der Evangelischen Akademie zu Berlin: "Solange in unserem Land 'Jude' als Schimpfwort und Diskriminierungsbegriff verwendet wird; solange Verschwörungstheorien über die Weltmacht der Juden im Internet kursieren, haben wir eine bleibende Aufgabe, vor der wir nicht die Augen verschließen können." Sachau hatte einen Kundgebungsentwurf mit dem Titel "Reformationsjubiläum 2017 - Christlicher Glaube in offener Gesellschaft" eingebracht. Darin wird die "weitgehende Unfähigkeit des deutschen Protestantismus" verurteilt, sich der "Ausbreitung des Antisemitismus und seiner rassischen Begründungen entgegenzustellen". Heute bejahe der Protestantismus die "Religionsfreiheit aller, auch derer, die jede Religion ablehnen", heißt es.