Frankfurt a.M. (epd). In Deutschland sind am Samstag erneut Zehntausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Rund 35.000 Menschen versammelten sich nach Polizeiangaben in Frankfurt am Main. Der große Zustrom machte es nötig, den Bereich der Kundgebung vom Marktplatz Römer auszuweiten auf die umliegenden Straßen und Plätze. In Erfurt füllte sich bis zur Mittagszeit der Domplatz mit schätzungsweise rund 6.000 Demonstranten, wie die Polizei mitteilte.
Kundgebungen gab es auch in zahlreichen weiteren Städten, darunter Hannover und Dortmund. Für Sonntag sind unter anderem Demonstrationen in Berlin, Köln und München geplant. Auslöser der Protestwelle war eine "Correctiv"-Recherche über ein Treffen von AfD-Vertretern mit Neonazis und Unternehmern Ende November, bei dem über die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte gesprochen wurde.
"Wir müssen überall, wo die Propaganda der Menschenverachtung das Zusammenleben vergiftet, dagegenhalten", sagte der evangelische Stadtdekan Holger Kamlah bei der Frankfurter Kundgebung. "Niemand darf unwidersprochen bleiben, wenn er von Remigration schwadroniert." Jedem offenen und versteckten Antisemitismus und Rassismus müsse widersprochen werden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte in einem Zeitungsinterview die bundesweiten Demonstrationen. "Es stimmt mich sehr positiv, dass so viele Menschen in den vergangenen Tagen für die Demokratie auf die Straße gegangen sind", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Die Demokratie werde angegriffen und stehe vor großen Herausforderungen. "Wir müssen sie aktiv verteidigen", mahnte Faeser.
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, lobte die Demonstrationen als wichtiges Signal gegen wachsenden Extremismus. Er habe bislang das Gefühl gehabt, dass die hohen Umfragewerte und Wahlerfolge der AfD "niemanden hinter dem Ofen" hervorlocken, sagte Schuster der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). Das habe ihm Sorgen gemacht. "Deshalb bin ich erfreut, wenn Leute jetzt auf die Straßen gehen und ihren Unmut zum Ausdruck bringen."
Unterstützung für die Proteste kommt auch aus dem Kulturbereich. Der Frontmann der Kölschrock-Band BAP, Wolfgang Niedecken, erklärte mit Blick auf die Demonstrationen: "Das wurde jetzt aber auch allerhöchste Zeit". Die Menschen dürften die aktuellen Entwicklungen nicht länger hinnehmen. "Das, was jetzt wichtig ist, ist, sich gegen rechts zu positionieren", sagte er dem Fernsehsender Phoenix in einem am Freitagabend verbreiteten Interview.